75 Jahre Bremer FV: 1956 bis 1965

03. August 2021

Der Bremer FV wird 75 Jahre alt und das feiern wir mit einer Themenwoche auf bremerfv.de. An jedem Tag in dieser Woche erscheint ein Artikel, der die Geschichte des BFV erzählt. Heute betrachten wir die Jahre 1956 bis 1965, die einen Skandal und einen großen Titel zu bieten haben.

Mit einem aus heutiger Sicht kuriosen Antrag musste sich der Verbandstag 1956 befassen. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Verbandes erging ein Dringlichkeitsantrag, zum 1. Juli eine Amnestie für alle bestraften Spieler zu erlassen. Der Antrag wurde jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt. Heute ist ein solches „Geburtstagsgeschenk“ bereits als Antrag sicherlich undenkbar. Das Thema Flutlicht stand ebenfalls auf der Agenda der Delegierten. Für 50.000,- DM sollten 20 Fußballplätze mit „Beleuchtungskörpern ausgestattet werden, um auch an den Winterabenden das Training durchführen zu können“, wie es in einem Zeitungsartikel über den Verbandstag hieß.

Der legendäre Rotgrandplatz auf dem Lesumer Heidberg in den 60er-Jahren. (Foto: unbekannt)

Der legendäre Rotgrandplatz auf dem Lesumer Heidberg in den 60er-Jahren. (Foto: unbekannt)

Am 1. Mai 1957 hat der BFV dann auch endlich sein eigenes Heim bezogen. Im „Haus des Sports“ in der Kohlhökerstraße 28 hatte der BFV fortan seine Geschäftsstelle und betreute von dort aus seine 14.016 Mitglieder in 73 Vereinen. Besonders die jugendlichen Mitglieder wurden in diesem Jahr in den Fokus gestellt. Von 1.441 Jugendlichen, die sich einer sportärztlichen Untersuchung unterzogen, blieben lediglich 825 ohne Befund. Bei 558 Jugendlichen wurden Mängel wie beispielsweise Haltungsschäden diagnostiziert und 58 wurde gar für fußballuntauglich erklärt. Diese Zahlen waren für den BFV Grund genug, einen Übungsleiterlehrgang für orthopädische Gymnastik durchzuführen, der die Körperschule im Jugendtraining unterstützen sollte.

Der Verbandstag im Jahre 1958 bot jede Menge Diskussionsstoff. Nicht etwa, weil wieder einmal die Einführung einer Amateur-Oberliga Niedersachsen/Bremen diskutiert wurde. Diese hatte es nämlich wegen einer fehlenden Einigung hinsichtlich der Einnahmenteilung mit Niedersachsen gar nicht erst auf die Tagesordnung geschafft. Vielmehr ging es um die Aufstockung von der Amateurliga bis zur 2. Kreisklasse auf 15 Mannschaften, und zwar bereits zur anstehenden Spielzeit 1958/1959 und nicht mit einem Jahr Vorlaufzeit, wie es bisher üblich gewesen war. Nach langen Debatten entschied sich der Verbandstag in einer namentlichen Abstimmung schließlich dafür, ab August mit 15er-Staffeln zu spielen. Über eine Stunde lang dauerte schließlich die Diskussion, ob der Verbandsjugendobmann einen Sitz im Verbandsvorstand bekommen, und der Jugendausschuss künftig mit drei Sitzen im Beirat vertreten werden soll. Am Ende entschied der Verbandstag: Nein.

Das wichtigste Dokument vor der Saison war stets der Meldebogen. Früher als Papierformular, ist er heute natürlich längst digital. (Foto: Archiv)

Das wichtigste Dokument vor der Saison war stets der Meldebogen. Früher als Papierformular, ist er heute natürlich längst digital. (Foto: Archiv)

Ein Jahr später blieb ein erneuter Versuch, den Jugendobmann im Vorstand zu platzieren, erfolglos. Der SV Werder Bremen, der den entsprechenden Antrag stellte, hatte auch sportlich nicht viel zu feiern. Zwar qualifizierte man sich durch einen 6:3-Sieg über Borussia Neunkirchen für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft in der Gruppe 1 konnte Werder mit einem 5:2 gegen den FK Primasens aber lediglich einen Sieg in sechs Partien feiern. Damit landete Werder auf dem vierten und letzten Platz der Gruppe.

Besser lief es ein Jahr später. Zwar konnte Werder sich auch in diesem Jahr nicht für das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft qualifizieren, in der Gruppe belegten die Werderaner allerdings einen guten zweiten Platz. Der Verbandstag im Jahr 1960 rückte durch die Feierlichkeiten im Deutschen Fußball-Bund (DFB) etwas aus dem Fokus. Der DFB wurde 60 Jahre alt und Bremen war am Jubiläum sogar direkt beteiligt: Dichter Manfred Hausmann, der in Bremen zu Hause war, hielt in Frankfurt die Festrede. Einen wichtigen Beschluss traf der Verbandstag dann aber doch: Künftig soll er nur noch alle zwei Jahre stattfinden.

Grünes Licht aus Bremen: Der BFV stimmt im DFB für die Einführung der Bundesliga. (Foto: Archiv)

Grünes Licht aus Bremen: Der BFV stimmt im DFB für die Einführung der Bundesliga. (Foto: Archiv)

1961 holte der SV Werder dann den nächsten überregionalen Titel an die Weser. Die „Vorzeigetruppe“ der Grün-Weißen erreichte nach einem 1:0 über den 1. FC Saarbrücken, einem 3:2 gegen den 1. FC Köln und einem weiteren 3:2 nach Verlängerung gegen den Karlsruher SC das Finale um den DFB-Pokal. Auf der Glückauf-Kampfbahn in Gelsenkirchen traf das Team um Trainer Georg Knöpfle vor 18.000 Zuschauern auf den 1. FC Kaiserlautern. Treffer von Willi Schröder und Helmut Jagielski sorgen für einen 2:0-Sieg der Bremer und damit für den Gewinn des DFB-Pokals. Und auch beim „kleinen Nachbarn“ des SV Werder, dem Bremer SV, läuft es in diesem Jahr. Das Team vom Panzenberg steigt nach einem 4:1 im Entscheidungsspiel gegen Arminia Hannover wieder in die Oberliga auf.

Im Folgejahr warf dann allmählich eine Spielklasse seine Schatten voraus, die heutzutage Millionen rund um den Erdball begeistert. Die Bundesliga soll gegründet werden – mit den Stimmen des Bremer Fußball-Verbandes. Nicht so gut hingegen lief die Saison für den Bremer SV. Der Club vom Panzenberg muss die Oberliga nach nur einem Jahr wieder verlassen. Bremerhaven 93 kann sich knapp retten und ist damit neben Werder Bremen der einzige Verein aus dem BFV in der höchsten Spielklasse.

Herbert Bischoff wurde 1964 Vorsitzender des Bremer Fußball-Verbandes. (Foto: Archiv)

Herbert Bischoff wurde 1964 Vorsitzender des Bremer Fußball-Verbandes. (Foto: Archiv)

Am 24. August 1963 war es dann soweit. Die Bundesliga feiert ihren ersten Spieltag, Fußballer werden zu Profis mit Lizenz und Werder Bremen ist als eines von sechzehn Teams dabei. Mit einem 3:2-Sieg über Borussia Dortmund beginnt die neue Zeitrechnung im deutschen Profifußball für die Bremer dabei auch direkt erfolgreich. Dabei fiel in Bremen auch das erste Tor in der Bundesliga-Geschichte. Nach 58 Sekunden war es Dortmunds Friedhelm „Timo“ Konietzka, der für den BVB traf. Am Ende der Premierensaison, die der 1. FC Köln souverän als Tabellenführer abschloss, landeten die Grün-Weißen auf dem zehnten Platz und damit weit entfernt von den Abstiegsrängen. Auch zwei weitere Bremer griffen in das Bundesligageschehen ein. Die Schiedsrichter Herbert Lutz und Rolf Seekamp gehörten zu den Bundesliga-Referees der ersten Stunde. Herbert Lutz feierte seine Premiere im Oberhaus am 7. September mit der Partie des TSV 1860 München gegen den 1. FC Köln. Rolf Seekamp war bereits am ersten Spieltag bei der Begegnung zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Nürnberg im Einsatz.

Das Jahr 1964 hatte dann einen handfesten Skandal zu bieten. Erstmals verlief ein Verbandstag nicht so harmonisch, wie man es in der Regel von der Mitgliederversammlung des BFV in der Vergangenheit gewohnt war. Gegenstand der Unruhe war der Bericht von Kassenprüfer Fritz Hohrmann. Er bescheinigte dem Verband zwar, dass er seine Mittel nicht widerrechtlich verwendet zu haben, gleichzeitig beanstandete er jedoch ein Guthaben von 142.000,- DM, das dem BFV nach der Liquidation der Bremer Sporthilfe GmbH im Jahre 1960 ausgezahlt worden war, von dessen Existenz aber bis wenige Tage vor jenem Verbandstag im Jahre 1964 mit Ausnahme des 1. Vorsitzenden Hans Ihler niemand Kenntnis hatte. Dieser gab zwar zu, dass er den Vorstand früher von dem Guthaben hätte unterrichten müssen, der Vorstand zerbrach aber dennoch an diesem Vorgang. Willi Tamms, der 2. Vorsitzende, erklärte seinen Rücktritt, da er sich unter diesen Umständen keine weitere Zusammenarbeit vorstellen konnte. Auch Schatzmeister Ludwig Ahlers hatte einige Tage zuvor seinen Rücktritt erklärt. Kurios: Der Verbandstag verweigerte dem Vorstand zwar die Entlastung, wählte Hans Ihler jedoch als Vorsitzenden wieder. Albert de Buhr wurde neuer 2. Vorsitzender und die Position des Schatzmeisters wurde mit Wilhelm Hoffmann neu besetzt. Der Verbandstag wurde unterbrochen und eine Untersuchungskommission eingesetzt, die die Vorfälle rund um die 142.000,- DM aufklären sollte. Anschließend sollte der Verbandstag fortgeführt werden.

Großer Jubel beim SV Werder Bremen nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft 1965: Horst Dieter Höttges, Torwart Günter Bernard, Heinz Steinmann, Max Lorenz und Theo Klöckner. (Foto: imago/Schumann)

Großer Jubel beim SV Werder Bremen nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft 1965: Horst Dieter Höttges, Torwart Günter Bernard, Heinz Steinmann, Max Lorenz und Theo Klöckner. (Foto: imago/Schumann)

Im Dezember war es dann so weit. Doch einen Vorsitzenden hatte der BFV da schon nicht mehr. Hans Ihler hatte aus gesundheitlichen Gründen zwischenzeitlich seinen Rücktritt erklärt. Der Untersuchungsausschuss bescheinigte dem Verband einen unwirtschaftlichen Umgang mit den vorhandenen Geldern, die auf sage und schreibe 14 verschiedenen Konten lagen. Die Buchführung des BFV wurde als unübersichtlich und nicht mehr zeitgemäß bezeichnet. Dem Vorstand war der Vorwurf der Nachlässigkeit zwar nicht zu ersparen, der Verbandstag erteilte ihm dennoch die Entlastung. Neuer Vorsitzender des Verbandes wurde Herbert Bischoff vom Hastedter TSV. Fortan sollten die Verbandstage wieder in einem jährlichen Turnus abgehakten werden.

Erfreulicher ging es dann wieder 1965 zu und das hatte vor allem sportliche Gründe. Der SV Werder Bremen wurde zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte Deutscher Meister. Deutlicher als erhofft, eroberten die Grün-Weißen die Meisterschaft und damit ein ganz besonderes Geschenk. Das Weserstadion wurde auf 40.000 Plätze ausgebaut, ein Präsent des damals sehr einflussreichen Politikers Richard Boljahn (SPD). Auch beim Bremer SV gab es Grund zum Jubeln. Er stieg in die Regionalliga auf. Beim Verband selbst wurde ein amtliches Mitteilungsblatt Namens „Rund um den Roland“ ins Leben gerufen. Der „Roland“, wie ihn die Fußballer kurz nannten, sollte viele Jahre eine Konstante in der Geschichte des Verbandes bleiben.

Morgen bei „75 Jahre Bremer FV“: Die Jahre 1966 bis 1975

[bfv]

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