Burg-Trainer Sascha Steinbusch: „Gesundheit ist unser größtes Gut!“

19. März 2020

Das Coronavirus beschäftigt uns gezwungenermaßen noch eine ganze Weile. Sascha Steinbusch ist Trainer des Bremer Bezirksliga-Tabellenführers 1. FC Burg und sitzt aufgrund der Krise gerade in Ägypten fest. Der Zweitplatzierte des „Amateurtrainer des Jahres 2019“-Awards erzählt über seinen Wunsch, schnell wieder zu Hause zu sein, die Bedeutsamkeit von Gesundheit sowie über das Szenario eines Saisonabbruches. Es folgt Teil 2 einer Interviewreihe mit Trainern des Bremer Verbandsgebiets über die persönlichen und sportlichen Folgen der derzeitigen Pandemie.

Trainer Sascha Steinbusch schaffte mit Burg in der vergangenen Saison den direkten Wiederaufstieg in die Bezirksliga. Nun war sein Team vor einem Durchmarsch in die Landesliga. (Foto: Verein)

Trainer Sascha Steinbusch schaffte mit Burg in der vergangenen Saison den direkten Wiederaufstieg in die Bezirksliga. Nun war sein Team vor einem Durchmarsch in die Landesliga. Ist dieser gefährdet? (Foto: Verein)

Hallo Sascha! Erzähl uns doch mal, wie du selbst die derzeitige Situation erlebst?

„Zurzeit bin ich mit meiner Freundin im Urlaub in Ägypten. Eigentlich soll hier heute der Flughafen geschlossen werden. Wir wissen aktuell also nicht sicher, ob wir hier auch wie geplant am Freitag wieder ausreisen können. Unsere Reiseleitung geht davon aus, dass der morgige Flug planmäßig abhebt, aber eine Sicherheit haben wir nicht, weil sich die Situation von Tag zu Tag ändert. Als wir die Reise angetreten haben, war natürlich das Virus schon im Gespräch und im Umlauf. Ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass ich nicht damit gerechnet hatte, dass dieses Virus und dessen Folgen solche Ausmaße annehmen würden. Jetzt hat man natürlich schon ein ungutes Gefühl hier, weil nicht eingeschätzt werden kann, wie es weitergeht. Da möchte man dann doch wieder schnellstmöglich zurück nach Hause.“

Wie habt ihr die letzte Woche als Mannschaft erlebt? Es wurde von Tag zu Tag ja auch für den Fußball immer drastischer?

„Wir haben natürlich eine WhatsApp-Gruppe und da wurden die Neuigkeiten auch schnell gestreut. Es ist wirklich schwierig. Die Jungs sind heiß, ungeduldig und wollen logischerweise weitermachen. Auf der anderen Seite verstehen sie aber auch den Ernst der Lage und, dass in einer solchen Ausnahmesituation der Fokus auf die Gesundheit gelegt werden muss. Aber klar, die Jungs brennen natürlich. Sie wollen gerne trainieren und spielen und das stellt eine ganz komische Ausgangslage für alle dar. Vor allem, wenn man bedenkt, wie wir aktuell in der Liga dastehen. Wir stehen auf Platz eins und haben etliche Punkte Vorsprung. Und es ist absolut unklar, was passiert, wenn die Saison nicht regulär zu Ende geführt werden kann und womöglich sogar abgebrochen werden muss.“

War und ist es die richtige Entscheidung, dass der Fußball und generell der Sport erst einmal auf Eis gelegt wird?

„Ja, definitiv. Die Gesundheit ist unser größtes Gut und um diese zu schützen, sollte man alles hintenanstellen. Da muss jetzt einiges ins Hintertreffen geraten und Dinge die uns zuvor als wichtig erschienen sind, müssen jetzt als Nebensache angesehen werden. Es ist absolut der richtige Weg.“

Nicht nur der Fußball, sondern der Mensch generell wird weiter eingeschränkt werden in nächster Zeit, um das Virus zu bekämpfen. Wird hier zu sehr eingegriffen von der Politik oder ist es der richtige Weg?

„Es ist einfach schwierig zu sagen. Eigentlich bin ich der Meinung, dass jeder noch selbst entscheiden sollte, ob er vor die Tür geht oder nicht. Andererseits müssen wir das Virus in den Griff bekommen. Wenn es sich weiterhin so rasend schnell ausbreitet, müssen natürlich gewisse Schritte von der Politik eingeleitet werden, um dem Ganzen entgegenzuwirken. Natürlich ist es sehr hart, wenn man nicht mehr das machen kann, was man will, wie beispielsweise in das Kino oder Fitnessstudio zu gehen. Es ist ein heftiger Eingriff in das alltägliche Leben, mit dem wir erst einmal klarkommen müssen.“

Wie ist deine Einschätzung: Glaubst du es wird möglich sein, diese Saison zu beenden?

„Ich bin da ganz ehrlich. Ich habe meiner Mannschaft zwar gesagt, dass sie sich alle fit halten sollen. Die Jungs sollen alle individuell etwas machen, auch wenn es die aktuelle Situation natürlich erheblich erschwert. Sie können alleine einen Waldlauf machen oder zu Hause mit ein paar Gewichten trainieren. An viel mehr ist dann aber auch gerade nicht zu denken. Ich habe einfach das Gefühl, dass wir die Saison nicht zu Ende führen können. Die ganzen Spiele bis zu den Sommerferien durchzubekommen, wird einfach sehr schwierig. Gerade wenn es bereits Nachholspiele aus früheren Spielverschiebungen gibt, hat man einfach keine Kapazitäten mehr, um die Saison zu Ende zu bringen. Dann müsste fast schon ein Spielrhythmus von Mittwoch und Samstag bis zum Saisonende durchgezogen werden, damit es überhaupt möglich gemacht werden kann. Dazu kommt dann auch, dass viele Mannschaften natürlich auf einige Spieler durch Schichtarbeit oder auswärtigem Studium in der Woche verzichten müssten. Das würde das Bild am Ende auch stark verzerren, wenn Vereine Probleme bekommen würden, ihre Mannschaften zu füllen. Wobei ich hier auch sagen muss: Wir müssen erst einmal das Coronavirus in den Griff bekommen und dann können wir wieder an Fußball denken. Das muss die höchste Priorität haben.“

Thema Geisterspiele: Siehst du es als mögliche Lösung, um vielleicht auch gerade in den Profiligen die finanziellen Verluste einzudämmen oder hast du da eine andere Meinung?

„Das ist auch ein schwieriges Thema. Viele Profivereine leben davon und die Mitarbeiter müssen irgendwie bezahlt werden. Sportlich gesehen ist ein leeres Stadion natürlich auch etwas anderes, da es überhaupt keine Emotionen gibt. Bei uns in Burg spielen wir vor etwa hundert bis hundertfünfzig Zuschauern, aber die Profis sind andere Dimensionen gewohnt. Es könnte dem einen oder anderen Profi eventuell die Motivation fehlen. Klar ist, dass die Ansteckungsgefahr bei so vielen Zuschauern viel zu hoch wäre. Es wird sicherlich keine leichte Entscheidung und da bin ich froh, dass ich diese nicht treffen muss. Ich kann mir zwar sicherlich eine Meinung dazu bilden, aber die Entscheidung muss von Experten getroffen werden, da es hier auch um sehr viel Geld gehen wird.“

Der 1. FC Burg führt zurzeit die Bezirksligatabelle in Bremen mit etwas Abstand an. Wie denkst du über mögliche Auf- und Abstiegsszenarien nach und was ist, wenn eure tolle Saison quasi „für die Katz'“ ist?

„Den Gedanken hege ich eigentlich gar nicht, da bereits mehr als fünfzig Prozent der Saison gespielt wurden. Ich denke nicht, dass der Bremer Fußball-Verband einer Mannschaft, die aus achtzehn Spielen sechzehn gewonnen hat, den Aufstieg verweigern sollte. Damit würdest du den Jungs einfach komplett die Motivation an diesem Sport nehmen. Das funktioniert einfach nicht. Das kann so nicht passieren und das wäre für mich auch undenkbar, wenn ich ehrlich bin. Natürlich spielt man selbst auch die größten Szenarien durch, was denn passieren könnte. Beispielsweise die Möglichkeit, dass es keine Absteiger und dafür zwei Aufsteiger gibt und dann wird die Liga für die nächste Saison aufgestockt. In den Folgespielzeiten kann dann versucht werden, diese Mannschaftsanzahl wieder anzugleichen. Es gibt sicherlich mehrere Szenarien, die in Frage kommen würden. Doch wenn diesen Mannschaften, die gerade vorne sind in der Liga, der Aufstieg verwehrt bleibt und die Saison annulliert wird, dann ist das schon schwer zu akzeptieren. Das würde mit Sicherheit einen großen Knick in das Fußballerleben meiner Jungs bringen. Wir haben einfach sehr viel investiert in der Hinrunde und auch in der Rückrundenvorbereitung. Das wäre schon starker Tobak, wenn diese Saison einfach unter den Tisch gekehrt werden würde.“

Danke, Sascha!

[ddi]

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