Michael Grell: „Ich würde es wieder machen“

04. August 2022

Es passt zu seinem Charakter, dass er um seinen Abschied kein großes Tamtam veranstaltet hat: Michael Grell, der sechzehn Jahre dem Präsidium des BFV angehörte, verabschiedete sich beim Verbandstag in den wohlverdienten Ruhestand und wurde zum BFV-Ehrenmitglied.

„Fußball war immer ein Highlight in meinem Leben“, sagt Grell. Dabei gab es durchaus eine Zeit, in der Fußball nur eine untergeordnete Rolle im Leben des heute 67-Jährigen spielte. Nachdem er im Kindesalter zunächst bei Bremerhaven 93 das Kicken begann, blieb Grell dem Verein zunächst bis zur B-Jugend treu. Dann verschoben sich die Prioritäten. Er begann eine Ausbildung bei der Polizei und interessierte sich auch sonst für andere Dinge.

Michael Grell hat sich in seinen wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. (Foto: David Dischinger)

Michael Grell hat sich in seinen wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. (Foto: David Dischinger)

Doch schon während seiner Ausbildung juckte es natürlich wieder im Fuß und so trat er zunächst im Betriebssport und später auch wieder im Verein gegen den Ball. „Beim Geestemünder SC spielte ich in der siebten Mannschaft. Das war nicht mehr als eine Kneipentruppe, aber ich hatte einfach Spaß am Fußball“, erzählt Grell. Doch mit dem Kneipentruppen-Dasein war es für die Mannschaft urplötzlich vorbei. „Der GSC musste aus irgendwelchen Gründen seine erste Mannschaft zurückziehen und wir für die restlichen drei Partien der Saison eingesprungen“, erinnert er sich an eine kuriose Begebenheit.

Pokalübergaben, wie hier an Massimo Klüver (l.) vom SV Werder Bremen nach dem B-Jugend Landespokalfinale, gehörten ebenfalls zum Alltag von Michael Grell. (Foto: Ralf Krönke)

Pokalübergaben, wie hier an Massimo Klüver (l.) vom SV Werder Bremen nach dem B-Jugend Landespokalfinale, gehörten ebenfalls zum Alltag von Michael Grell. (Foto: Ralf Krönke)

Nach der aktiven Laufbahn war Grells in eine Funktionärslaufbahn kaum klassischer zu beschreiten. Sohn Daniel begann 1989 das Fußballspielen beim SC Lehe-Spaden und nach nur wenigen Partien wechselte Vater Michael von der Rolle des zuschauenden Vaters in die Rolle des Betreuers und Co-Trainer. „Wir das dann immer so läuft. Plötzlich fehlt einer und dann wird ein Vater gefragt, ob er einspringen kann“, erinnert sich Grell. Aus dem Einspringen wurde der Erwerb einer Trainerlizenz und im D-Jugendalter übernahm Grell die Mannschaft schließlich als verantwortlicher Trainer. Und zwar mit Erfolg. Zunächst gelang es ihm, die Spieler nach der A-Jugend erfolgreich in das Bezirksligateam des SC zu integrieren und anschließend stieg er mit eben jener Herrenmannschaft auch noch in die Landesliga auf.

Michael Grell wurde nicht zuletzt für seine stets ruhige und besonnene Art wertgeschätzt. (Foto: Dennis Gloth)

Michael Grell wurde nicht zuletzt für seine stets ruhige und besonnene Art wertgeschätzt. (Foto: Dennis Gloth)

Dann entschied sich Grell dazu, den Trainerposten aufzugeben. „Wenn es am schönsten ist, soll man halt aufhören“, lacht er. Doch schon während seiner Trainertätigkeit fand er langsam den Kontakt zum Fußballverband. „Den ersten Kontakt mit dem BFV hatte sich sicherlich durch den ehemaligen Verbandssportlehrer Wilfried Zander, bei dem ich meine Trainerlizenz gemacht habe“, sagt Grell. In seinem Verein übte er bereits während seiner Trainerlaufbahn auch das Amt des Abteilungsleiters aus und kickte in der Ü 32, mit der er übrigens auch Meister wurde. 2004 kam dann der nächste, engere Kontakt mit Verband zustande. Grell wurde nämlich mit dem Ehrenamtspreis des DFB ausgezeichnet und wurde Mitglied im „Club 100“ des DFB.

Michael Grell mit seiner Frau Elke beim Besuch des Länderspiels zwischen Deutschland und Kamerun in Leipzig 2004, zu dem er im Rahmen seiner "Club 100"-Ehrung vom DFB eingeladen wurde. (Foto: Archiv)

Michael Grell mit seiner Frau Elke beim Besuch des Länderspiels zwischen Deutschland und Kamerun in Leipzig 2004, zu dem er im Rahmen seiner „Club 100“-Ehrung vom DFB eingeladen wurde. (Foto: Archiv)

In den Verband stieg Grell 1994 als Staffelleiter der A- bis D-Junioren im Kreis Bremerhaven ein. Und offenbar machte er seine Sache gut, denn 2006 wurde er vom damaligen BFV-Vizepräsidenten Wolfgang Zumm gefragt, ob er sich nicht vorstellen könne, dessen Nachfolge im Präsidium anzutreten. Grell konnte es sich vorstellen und so wurde er auf dem Verbandstag 2007 in das Präsidium gewählt, nachdem er zuvor bereits von Wolfgang Zumm übernommen hatte. Dies war der Startschuss für eine unaufgeregte aber erfolgreiche Arbeit im Führungsgremium des BFV. Und als ehemaliger Ehrenamtspreisträger war es für Grell selbstverständlich, den vakanten Posten des Landesehrenamtsbeauftragten zu übernehmen. Dutzende Ehrungen, Auszeichnungen und Präsente verteilte Grell in all den Jahren. Der DFB erkannte Grells Expertise im Bereich des Ehrenamtes ebenfalls und berief ihn 2017 in die Kommission Ehrenamt, nachdem er zuvor bereits im Ausschuss für Freizeit- und Breitensport des DFB mitgewirkt hatte.

Wolfgang Zumm (r.) übergab den Staffelstab 2006 an Michael Grell. (Foto Michael Jacobi)

Wolfgang Zumm (r.) übergab den Staffelstab 2006 an Michael Grell. (Foto Michael Jacobi)

Doch nicht nur das Ehrenamt befand sich in seiner Zuständigkeit. Als Vorsitzender des Ausschusses für Kommunikationstechnik und Öffentlichkeitsarbeit hat Grell maßgeblich die Digitalisierung des Verbandes und die Modernisierung der Öffentlichkeitsarbeit vorangetrieben. Unter seiner Regie wurde der allseits bekannte „Roland“ zunächst von einem amtlichen Mitteilungsblatt zu einem Fußball-Magazin und schließlich zu einem digitalen Newsletter. „Bei all der Digitalisierung ist jedoch eine Sache wichtiger denn je: Das gesprochene Wort“, sagt Grell. Und so wundert es niemanden, dass er wichtige Dinge lieber im persönlichen Gespräch statt in einem E-Mail Verkehr klärte.

Beim DFB war Michael Grell (l.) ein gern gesehener Gast, wie hier bei der "Club 100"-Ehrung von Preisträger Denis Nukić (3.v.r.) gemeinsam mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf (2.v.l.) und BFV-Vizepräsidentin Ulrike Geithe (3.v.l.) sowie DFB-Vizepräsident Peter Frymuth und DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich (v.r.). (Foto: Sebastian Widmann/Getty Images)

Beim DFB war Michael Grell (l.) ein gern gesehener Gast, wie hier bei der „Club 100“-Ehrung von Preisträger Denis Nukić (3.v.r.) gemeinsam mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf (2.v.l.) und BFV-Vizepräsidentin Ulrike Geithe (3.v.l.) sowie DFB-Vizepräsident Peter Frymuth und DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich (v.r.). (Foto: Sebastian Widmann/Getty Images)

Bis zuletzt war Michael Grell auch der Ansprechpartner für die Schiedsrichterausschüsse im BFV. „Das war jedoch zugegebenermaßen keine sonderlich schwere Aufgabe, denn unser Schiedsrichterbereich ist so gut organisiert, dass es hier so gut wie gar keinen Klärungsbedarf gab“, sagte er unlängst bei seiner Verabschiedung auf dem Spitzenschiedsrichterlehrgang des BFV. Das heißt jedoch keinesfalls, dass er mit den Unparteiischen nicht auch mal auf Kriegsfuß steht. „Über falsche Schiedsrichterentscheidungen kann ich mich vortrefflich aufregen“, lacht Grell.

Auf dem Lehrgang der BFV-Spitzenschiedsrichter im Juli wurde Michael Grell (r.) von Verbandsschiedsrichterobmann Torsten Rischbode verabschiedet. (Foto: Oliver Baumgart)

Auf dem Lehrgang der BFV-Spitzenschiedsrichter im Juli wurde Michael Grell (r.) von Verbandsschiedsrichterobmann Torsten Rischbode verabschiedet. (Foto: Oliver Baumgart)

Wer sich so für den Fußball engagiert, wird natürlich auch entsprechend geehrt. Der BFV verlieh Grell die silberne und goldene Ehrennadel, der Norddeutsche Fußball-Verband tat es dem BFV gleich und ernannte Grell darüber hinaus in diesem Jahr zu seinem Ehrenmitglied. Auch der Landessportbund zeichnete Grell mit der silbernen und goldenen Ehrennadel aus. Zudem wurden ihm die Senatsehrung der Freien Hansestadt Bremen und die Magistratsehrung der Stadt Bremerhaven zuteil.

Gemeinsam mit Axel Zielinski (r.) wurde Michael Grell (m.) auf dem diesjährigen Verbandstag zum Ehrenmitglied des BFV und nahm die Glückwünsche von BFV-Präsident Björn Fecker entgegen. (Foto: Sven Peter)

Gemeinsam mit Axel Zielinski (r.) wurde Michael Grell (m.) auf dem diesjährigen Verbandstag zum Ehrenmitglied des BFV und nahm die Glückwünsche von BFV-Präsident Björn Fecker entgegen. (Foto: Sven Peter)

Die Gefahr, dass Grell dem Fußball verloren geht, besteht auch im Ruhestand nicht. „Ich bin brennender Fan des SV Werder Bremen und der Nationalmannschaft und habe während der EURO auch die Nationalmannschaft der Frauen für mich entdeckt, weil sie einfach einen ehrlichen und tollen Fußball gezeigt hat“, erzählt er. Aber wie geht man denn jetzt mit der neu gewonnen Freizeit um? „Zum Glück habe ich ja noch Hobbies, sodass mir nicht langweilig wird“, beruhigt er. So hat Grell das Bierbrauen für sich entdeckt, kümmert sich liebevoll um den eigenen Garten und ist beim SC Lehe-Spaden noch fester Bestandteil der Boule-Gruppe. Für den pensionierten Polizeibeamten soll sich im Alltag also gar nicht so viel ändern. „Ich muss jetzt nur meinen Tag nicht mehr an Fußballterminen ausrichten“, sagt er. Dass er andererseits keinen Tag bereut, zeigt seine Antwort auf die entsprechende Frage: „Ich würde es wieder machen!“

[oba]

Das große Abschiedsinterview mit Michael Grell:

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