DFB-Umfrage: Treue, Sehnsucht und Herausforderungen

09. März 2021

Die Sehnsucht nach der Rückkehr auf den Platz ist groß im Amateurfußball, die Herausforderungen für die Vereine sind es ebenfalls. Das zeigen die Ergebnisse der bundesweiten Online-Umfrage, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Ende Februar durchgeführt hat. Deutlich wird, dass die Lust auf Fußball im Amateurbereich ungebrochen ist. Eine weitere wichtige Erkenntnis: Die 24.500 Vereine mit Fußballangebot in Deutschland haben sich in der Corona-Krise als robust und widerstandsfähig erwiesen. Die Problemstellungen verschärfen sich jedoch mit jedem Tag, an dem der Ball auf den Sportplätzen nicht rollen kann.

Mehr als 100.000 Personen (Bremen: 768 Personen) aus dem gesamten Bundesgebiet haben über den Zeitraum einer Woche an der DFB-Umfrage teilgenommen, verteilt über nahezu alle Altersgruppen. Am stärksten vertreten waren aktive Spieler*innen (40 Prozent, Bremen: 42 Prozent) vor Trainer*innen (20 Prozent, Bremen: 28 Prozent) sowie Vereinsmitarbeiter*innen und Eltern von fußballspielenden Kindern und Jugendlichen (jeweils 14 Prozent, Bremen: 12 bzw. 9 Prozent). Die übergeordnete Fragestellung lautete: Wie geht es dem deutschen Amateurfußball tatsächlich?

Seit dieser Woche können die Kinder bereits zurück auf den Platz (Foto: Pixabay)

Seit dieser Woche können die Kinder bereits zurück auf den Platz (Foto: Pixabay)

DFB-Präsident Fritz Keller sagt zur aktuellen Situation: „Ohne Amateurfußball fehlt dem Fußball die Seele. Und den Menschen, die ihn so einzigartig machen, fehlt ein Lebensinhalt. Unsere Umfrage bestätigt eindrucksvoll, wie sehr sie die Rückkehr in ihre Vereine herbeisehnen. Sie warten nur darauf, Gemeinschaft wieder leben zu können und gehen dem Fußball offenbar noch nicht wie befürchtet massenhaft verloren. Die Fußballfamilie steht zusammen – selbst auf Abstand. Umso wichtiger ist es, dass unsere Mitglieder nun dringend eine Perspektive sehen. Diese Perspektive haben sie mit den gerade beschlossenen ersten zaghaften Lockerungen nicht flächendeckend erhalten. Auch mit Blick auf die Strategie umfassender, kostenloser Selbst- und Schnelltests erhoffen wir uns von der Politik nun weitere Öffnungen für den Sport.“

Dr. Rainer Koch, zuständiger DFB-Vizepräsident für die Amateure, sagt: „Der Amateurfußball lebt. Er erweist sich in dieser zuvor so nicht gekannten Krise als besonders widerstandsfähig, er zeigt sein ausgeprägtes Kämpferherz – das unterstreichen die Ergebnisse der Umfrage. Das schon vielfach prognostizierte Untergangszenario gibt es nicht. Noch nicht. Klar ist: Der Amateurfußball ist gezeichnet von der Corona-Krise, aus Kratzern werden Wunden. Der Patient aber liegt nicht auf der Intensivstation. Er sitzt im Wartezimmer der Politik. Sein Zustand verschlechtert sich, die zunehmenden Symptome deuten auf die Überweisung in die Klinik hin. Auch der Letzte muss jetzt verstehen, dass wir rasch wieder den Fußball brauchen, den wir alle so sehr lieben. Der Amateursport ist kein pandemisches Problem, sondern fester Teil der Lösung dieser Krise – und damit gut für unser Land. Der eingeschlagene Kurs, sich für weitere Lockerungen stark zu machen, ist der richtige. Die Diagnose haben wir, das Rezept auch: Der Ball muss wieder rollen!“

„Die DFB-Umfrage liefert einen guten Einblick in die derzeitige Verfassung des Amateurfußballs in Deutschland. Sie zeigt, dass Vereinsfußball mehr als ein 1:0 ist. Die Teilnehmer*innen der Umfrage zeichnen sich durch eine besondere Treue zum Fußball aus. Deutlich wird auch: Es fehlt nicht nur das Spiel an sich, sondern auch die Gemeinschaft für die Sportvereine und der Fußball in besonderem Maße stehen. Aber auch der Amateurfußball blickt nicht ohne Sorge in die Zukunft. Die finanzielle Lage der Vereine ist durch zahlreiche Einnahmeausfälle gekennzeichnet und die Sorge um die Mitglieder besteht weiterhin. Durch den Lockdown fehlen vor allem die Neumitglieder. Mit der Öffnung für Kinder ist ein erster wichtiger Schritt getan, um diesen Sorgen zu begegnen. Jetzt müssen aber auch weitere folgen, um die Vereinslandschaft zu erhalten“, sagt BFV-Präsident Björn Fecker zu den Umfrageergebnissen.

Die Vorstände der Vereine sehen unter anderem in der finanziellen Situation ihrer Clubs große Herausforderungen für die Zukunft. (Foto: DFB)

Die Vorstände der Vereine sehen unter anderem in der finanziellen Situation ihrer Clubs große Herausforderungen für die Zukunft. (Foto: DFB)

Der Wunsch und das Bedürfnis, wieder aufs Spielfeld zurückzukehren, drückt sich deutlich in den Zahlen der Umfrage aus. 98 Prozent (Bremen: 98 Prozent) der Befragten vermissen den Amateurfußball, 96 Prozent (Bremen: 96 Prozent) die Aktivitäten in ihrem Verein. Besonders fehlen den Menschen die Gemeinschaft und das Gemeinschaftsgefühl (71 Prozent, Bremen: 66 Prozent), noch mehr sogar als das aktive Fußballspielen selbst (68 Prozent, Bremen: 68 Prozent).

Die Befürchtung, dass viele Menschen dem Amateurfußball während des zweiten Lockdowns seit November komplett verloren gegangen sind, wird von der Umfrage widerlegt. 94 Prozent (Bremen: 92 Prozent) der Teilnehmer*innen geben an, dass sie auf jeden Fall oder sehr wahrscheinlich in ihre Vereine zurückkehren werden, vier Prozent (Bremen: 7 Prozent) wissen es noch nicht. Am höchsten priorisiert wird im Falle möglicher Lockerungen die Wiederaufnahme des Mannschaftstrainings (82 Prozent, Bremen: 78 Prozent). Große Einigkeit besteht darin, speziell den Nachwuchs im Blick zu haben. 95 Prozent (Bremen: 89 Prozent) sagen, dass der Kinder- und Jugendfußball vor oder mindestens parallel mit dem Sportbetrieb der Erwachsenen geöffnet werden solle.

Beim Einstieg ins Training räumen 66 Prozent (Bremen: 63 Prozent) der Umsetzung eines Hygienekonzepts durch den Verein die höchste Priorität ein. Als ähnlich wichtig wird ein fester und nachvollziehbarer Stufenplan für den Amateurfußball eingeschätzt (61 Prozent, Bremen: 57 Prozent). 94 Prozent (Bremen: 85 Prozent) antworteten, dass Hygienekonzepte im vergangenen Sommer von ihrem Klub umgesetzt wurden, fünf Prozent wussten es nicht. 88 Prozent (Bremen: 86 Prozent) empfanden die Anwendung der Hygienekonzepte als nicht oder wenig belastend.

Die Verbundenheit zum eigenen Verein hat durch die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen gleichwohl gelitten. Fühlten sich vor Corona noch 88 Prozent (Bremen: 84 Prozent) der Umfrage-Teilnehmer*innen eng oder sehr eng mit ihrem Verein verbunden, sind es nun nur noch 52 Prozent (Bremen: 50 Prozent). 36 Prozent (Bremen: 36 Prozent) erklärten, dass sie seit Beginn des zweiten Lockdowns keinen Kontakt zu Verein oder Mannschaft hatten. 40 Prozent (Bremen: 41 Prozent) gaben an, in den vergangenen Monaten keine Angebote ihres Vereins wie beispielsweise digitale Trainingseinheiten oder Informationsveranstaltungen per Videokonferenz erhalten zu haben.

Die Treue zum Verein ist insgesamt weiterhin vorhanden. 78 Prozent (Bremen: 71 Prozent) der befragten Vereinsmitarbeiter*innen und Trainer*innen stellen keine erhöhte Zahl an Mitgliedsaustritten fest oder haben keine Kenntnis davon. 22 Prozent (Bremen: 29 Prozent) bejahten die Frage nach einer spürbaren Erhöhung der Vereinsaustritte.

Der DFB hat eine bundesweite Umfrage durchgeführt. (Foto: Oliver Baumgart)

Der DFB hat eine bundesweite Umfrage durchgeführt. (Foto: Oliver Baumgart)

Gemäß der Daten im DFBnet sind im Kalenderjahr 2020 rund 70 Prozent weniger Fußballspiele in Deutschland ausgetragen worden als 2019. In einem normalen Jahr finden zirka 1,4 Millionen Spiele statt. Der Rückgang an gemeldeten Mannschaften zwischen der Saison 2018/2019, der letzten kompletten Spielzeit vor Corona, und 2020/2021 beträgt sechs Prozent. In Bremen wird dieser Wert in der Regel im Mai ermittelt, daher ist hier noch keine Aussage möglich.

Vor diesem Hintergrund haben sich die wichtigsten Aufgabenstellungen für Amateurklubs etwas verschoben, wie die DFB-Umfrage verdeutlicht. Die größten Herausforderungen vor Ausbruch der Pandemie waren, als Verein eine ausreichende Zahl von ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen (53 Prozent, Bremen 42 Prozent) und qualifizierten Trainer*innen (43 Prozent, Bremen 45 Prozent) zu haben. Die Gewinnung und Bindung von Kindern und Jugendlichen wurde von 28 Prozent (Bremen: 16 Prozent) genannt, die finanzielle Situation von 24 Prozent (Bremen: 22 Prozent). Für die Zeit nach der Corona-Krise gestaltet sich das Meinungsbild wie folgt: 45 Prozent (Bremen: 39 Prozent) sehen weiterhin eine ausreichende Zahl von Ehrenamtlichen als eine der größten Herausforderungen, knapp dahinter folgt nun in Bremen die finanzielle Situation (39 Prozent, bundesweit: 38 Prozent), bundesweit der Nachwuchs (42 Prozent, Bremen: 33 Prozent) und Trainer*innen (32 Prozent, Bremen: 36 Prozent).

61 Prozent (Bremen: 52 Prozent) der Vereinsmitarbeiter*innen und Trainer*innen, die an der Umfrage teilnahmen, sehen finanzielle Auswirkungen auf ihren Verein. Davon erkennen 79 Prozent (Bremen: 75 Prozent) eine spürbare Belastung, 18 Prozent (Bremen: 22 Prozent) bezeichnen die Situation als existenzbedrohend.

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