Das war der 3. Amateurfußball-Kongress

01. März 2019

Genau eine Woche ist er nun her, der 3. Amateurfußball-Kongress des DFB in Kassel. Zeit also für eine erste Bilanz der drei Tage und für die Vorstellung der Ergebnisse, die aus dem Kongress hervorgingen.

Drei Tage lang standen die Perspektive der Amateurvereine sowie die Interessen der aktiven Fußballer und Fußballerinnen im Fokus des Kongresses. Zudem wurde sich intensiv der Frage gewidmet, wie der Vereinsfußball in den kommenden Jahren im Amateurbereich aufgestellt sein muss, um die Effekte der EURO 2024 in Deutschland mit Unterstützung der Verbände bestmöglich zu nutzen. Gegliedert war der Kongress in die fünf Kernthemen Amateurfußball 2024, externe Rahmenbedingungen für die Vereine, Verbandsentwicklung, Qualifizierungsangebote und Digitalisierung.

BFV-Präsident Björn Fecker (4.v.l.) diskutierte mit Vertretern aus Vereinen und Verbänden. (Foto: Getty Images)

BFV-Präsident Björn Fecker (4.v.l.) diskutierte mit Vertretern aus Vereinen und Verbänden. (Foto: Getty Images)

Zu jedem Thema erfolgten Diskussions- und Workshop-Phasen, aus denen am Ende des Kongresses Handlungsempfehlungen hervorgingen. Alle Teilnehmenden hatten dann die Möglichkeit, über eine Kongress-App drei Stimmen abzugeben, die auf drei verschiedene Handlungsempfehlungen verteilt oder auch auf eine einzige Handlungsempfehlung gebündelt werden konnten. Aus dieser Punktevergabe errechnete sich das anschließende Ranking, der Top-Handlungsempfehlungen.

Amateurfußball 2024

Top-Handlungsempfehlungen:

  1. Strategisches Konzept: Entwicklung eines vereinseigenen strategischen Konzepts (unter anderem Leitbild, Vereinsphilosophie und Strukturen, Sportstättenplanung)
  2. Erweiterung Angebote: Ausweitung und Anpassung des Vereinsangebots zur Mitgliedergewinnung (E-Football, Freizeitfußball und Gesundheitssports)
  3. Flexible (und digitale) Aus- und Weiterbildung durch die Verbände: Schaffung eines flexiblen, zielgruppenorientierten Aus- und Weiterbildungsangebots (verstärkt digital zur Verkürzung von Präsenzzeiten)
  4. Konzept Mitarbeiterstrukturen: Entwicklung eines vereinseigenen Konzepts für Mitarbeiterstrukturen (inklusive eines Qualifizierungskonzepts für Vorstände und Abteilungen)

Weitere Handlungsempfehlungen:

  • Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen mit Hilfe der Verbände: Unterstützung bei der Bewältigung gesetzlicher Anforderungen und Lobbyarbeit zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für das Ehrenamt
  • Kommunale Lobbyarbeit Infrastruktur durch Vereine: Lobbyarbeit durch Vereine auf kommunaler Ebene, um zukunftsfähige Infrastruktur zu schaffen
  • Lobbyarbeit für moderne Sportstätten durch Verbände: Lobbyarbeit des DFB und der Verbände zur Sicherstellung von ausreichenden und modernen Sportstätten
  • Baukasten für Vereinsehrenamtskonzept durch Verbände: Erstellung eines Baukastens für das Vereinsehrenamtsmanagement durch den Verband (beispielsweise Stellenprofile für ehrenamtliche Funktionen, Mentorensystem LV/ Verein)
  • Unterstützung der Vereinsentwicklung durch die Verbände: Angebote für die Vereine zur Unterstützung der Vereinsentwicklung (zum Beispiel Qualitätsgütesiegel)
  • Verbände – „Fit für EM 2024“: Entwicklung eines Ideenratgebers durch die Verbände, um die Chancen der UEFA EURO 2024 zu nutzen
BFV-Vizepräsident Holger Franz nahm an einer Podiumsdiskussion zu den Rahmenbedingungen des Amateurfußballs teil. (Foto: Getty Images)

BFV-Vizepräsident Holger Franz nahm an einer Podiumsdiskussion zu den Rahmenbedingungen des Amateurfußballs teil. (Foto: Getty Images)

Externe Rahmenbedingungen für die Vereine

Top-Handlungsempfehlungen:

  1. Höhere Transparenz der Fördermöglichkeiten: Angebotstransparenz über finanzielle Fördermöglichkeiten und Beratungsangebote für Vereine verbessern
  2. Kampagne zu den Sportstätten: Initiative zum Neubau und zur Sanierung von Sportstätten einschließlich der Mitwirkung am Sportstättenentwicklungsplan
  3. Aufbau eines Mitarbeiterkommunikationssystems für den Amateurfußball
  4. Aufwertung des Ehrenamts (zum Beispiel durch Rentenpunkte, steuerliche Erleichterungen und eine positive Außendarstellung

Weitere Handlungsempfehlungen:

  • Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen im Steuer-, Haftungs- und Rentenrecht sowie im Datenschutz
  • Flexibilisierung des Spielbetriebs: Leistungsbezogene Ligeneinteilung, Spieltagsflexibilität und Bürokratieabbau bei der Spielverlegung
  • Flexibilisierung Qualifizierungsangebote: Modularer Aufbau, teilweise Online-Prüfung auch für Kreismitarbeiter
  • Gewinnung neuer Spieler/innen durch Kooperationen mit Schulen und Kindertagesstätten
    Sport als öffentliche Pflichtaufgabe: Lobbyarbeit der Verbände auf politischer Ebene zur Einstufung des Sports als öffentliche Pflichtaufgabe
Gerrit Süßmann vom ATS Buntentor (2.v.r.) in einer der zahlreichen Workshop-Phasen des Kongresses (Foto: Getty Images)

Gerrit Süßmann vom ATS Buntentor (2.v.r.) in einer der zahlreichen Workshop-Phasen des Kongresses (Foto: Getty Images)

Verbandsentwicklung

Top-Handlungsempfehlungen:

  1. Entwicklung eines bundesweiten Kommunikationstools zur zielgruppengerichteten Kommunikation über alle Ebenen
  2. Modernisierung und Erweiterung des DFBnet
  3. Modernisierung des Spielbetriebs: Sicherung eines attraktiven, zeitgemäßen, altersgerechten und gesellschaftsorientierten Spielbetriebs

Weitere Handlungsempfehlungen:

  • Gütesiegel: Entwicklung eines Vereinsqualitätszertifikats
  • Politische Lobbyarbeit auf kommunaler und Kreisebene, unter anderem zur Festschreibung der Sportförderung als kommunale Pflichtaufgabe
  • Stärkung und Vereinfachung des Vereinsehrenamts: Lobbyarbeit, gesetzliche Erleichterung, Erhöhung der Zuschüsse
  • Vereinsberatung aufbauen und intensivieren
  • Entwicklung eines pragmatischen Ehrenamtsmanagements für Vereine
  • Beachtung gesellschaftlicher Veränderungen: Unterstützungsleistungen der Verbände für Vereine zur Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen (z.B. Gesundheitsagenda und Vielfalt in den Gremien)

Qualifizierungsangebote

Top-Handlungsempfehlungen:

  1. E-Learning: Ausbau der digitalen Bildungsangebote
  2. Flexible Organisationsmodelle: Anpassung des Lizensierungsvorgangs an den Arbeitsalltag
  3. Senkung der Einstiegsbarrieren für Trainerinnen und Trainer, zum Beispiel durch Tageseminare oder eine D-Lizenz

Weitere Handlungsempfehlungen:

  • Sportfachliche und überfachliche Qualifizierung und Lizensierung: Qualifizierung von Trainerinnen und Trainern und ehrenamtlichen Vereinsführungskräften
  • Bekanntheitsgrad bestehender Bildungsangebote steigern
  • „Kümmerer“: Ansprechpartner/innen im Verein zum Thema Qualifizierung benennen
  • Vereins-Gütesiegel: Schaffung eines einheitlichen Gütesiegels im Bereich der Qualifizierung
  • Angebotserweiterung: Anpassung der Qualifizierungsangebote an erhöhte Nachfrage
  • Einheitlicher Ausbildungsstandard: Erhöhung der Akzeptanz zur Vereinheitlichung der Bildungsangebote für alle Verbände
BFV-Vizepräsident Henry Bischoff (2.v.r.) betrieb einen regen Austausch. (Foto: Getty Images)

BFV-Vizepräsident Henry Bischoff (2.v.r.) betrieb einen regen Austausch. (Foto: Getty Images)

Digitalisierung

Top-Handlungsempfehlungen:

  1. Kommunikations- und Serviceplattform: Zielgruppengerechte Verbesserung der Kommunikation zwischen Verband, Kreis und Verein und Bündelung der Serviceangebote durch eine Onlineplattform
  2. Weiterentwicklung bestehender digitaler Module und Anwendungen – unter anderem im DFBnetauf Grundlage einer Bedarfsermittlung
  3. Bereitstellung von Online-Tools für das Tagesgeschäft zwischen Verein und seinen Mitgliederinnen und Mitgliedern mit dem Zusatzeffekt, dass die Attraktivität für das (junge) Ehrenamt erhöht wird

Weitere Handlungsempfehlungen:

  • E-Learning-Angebote in der Qualifizierung – Schaffung eines Wissens- und Informationssystems, zum Beispiel für Fördermöglichkeiten und Rechtsgrundlagen
  • IT-Infrastruktur: Aufsetzung eines IT-Infrastruktur-Programms, um internetfähiges Arbeiten im Verein zu ermöglichen mit dem Ziel, eine flächendeckende Netzabdeckung zu erreichen
  • Bereitstellung einer vereinsinternen Plattform zum Wissenstransfer und Austausch innerhalb des Vereins, zum Beispiel für Abstimmungsprozesse oder die Ermittlung von Meinungsbildern
  • „Gamification“: Ergänzende individuelle Wettbewerbe zur Attraktivitäts- und Motivationssteigerung, zum Beispiel durch Player-Rankings in verschiedenen Bereichen

Die von allen Kongressteilnehmern top-priorisierten Handlungsfelder werden nun konkret angegangen. Aus dem 2. Amateurfußball-Kongress im Jahre 2012 war bereits der Masterplan Amateurfußball entstanden, der mit den Erkenntnissen des diesjährigen Kongresses fortgeschrieben werden soll. Die Steuerungsgruppe Amateurfußball unter Leitung von DFB-Vizepräsident Peter Frymuth koordiniert die weiteren Arbeitsprozesse. In vertiefender und enger Einbindung aller Ebenen, insbesondere der in den Kongress involvierten Vereinsvertreterinnen und -vertreter, wird ein Maßnahmenplan entworfen, den die Steuerungsgruppe dem DFB-Bundestag 2019 (26./27. September) zum Beschluss vorlegt und der anschließend bundesweit umgesetzt werden soll.

Die BFV-Delegation in Kassel. Andreas Iversen Jens Dortmann, Gerrit Süßmann, Henry Bischoff, Stefanie Schäfer, Axel Zielinski, Holger Franz, Björn Fecker und Matthias Schmit (v.l.). (Foto: Getty Images)

Die BFV-Delegation in Kassel. Andreas Iversen Jens Dortmann, Gerrit Süßmann, Henry Bischoff, Stefanie Schäfer, Axel Zielinski, Holger Franz, Björn Fecker und Matthias Schmit (v.l.). (Foto: Getty Images)

„Durch das straffe Programm kam zwar der Austausch mit anderen Vereinsvertretern ein wenig zu kurz, doch der Kongress wird den Amateurfußball nach vorn bringen“, ist sich Andreas Iversen sicher. Er empfand insbesondere die Workshop-Phasen als das „Salz in der Suppe“. Der Fußballabteilungsleiter des SFL Bremerhaven war einer von drei Vereinsvertretern, die der BFV nach Kassel entsenden konnte.

Die Erwartungen übertroffen hat der Kongress auch für Gerrit Süßmann vom ATS Buntentor. Es gebe eine ganze Menge Missstände und Lösungsansätze. „Und ich habe nach dem Kongress das Gefühl, dass wir Einfluss nehmen können“, sagt Süßmann, der festgestellt hat: „Die Bereitschaft zur Veränderung ist überall vorhanden, auch in den Verbänden.“

Für Stefanie Schäfer vom TSV Lesum-Burgdamm stand die Pflege und Unterstützung des Ehrenamtes weit oben auf der Agenda. „Hier liegt für mich das akuteste Problem im Amateurfußball. „Es sind 1.000 Aufgabengebiete, die heute zur Vereinsführung gehören. Das ist fast vergleichbar mit der Führung eines Unternehmens, und die lässt sich auch nur mit der nötigen Man-Power bewerkstelligen“, sagt die Lesumerin, die im U 17-Trainerteam des JFV Bremen tätig ist.

„Der stetige Austausch mit unseren Vereinen ist schon lange Bestandteil unserer Philosophie als Verband. Das klappt im Alltag aufgrund unserer Verbandsgröße schon sehr gut. Der Amateurfußball-Kongress bot die Chance nun aber noch einmal genau das Ohr an die Basis zu legen und zuzuhören. Die aus dem Kongress hervorgegangen Ergebnisse werden wir nun in unsere Arbeit einfließen lassen“, zeigte sich auch BFV-Präsident Björn Fecker mit dem Kongress zufrieden. Er bildete gemeinsam mit den Vizepräsidenten Henry Bischoff und Holger Franz, den Kreisvorsitzenden Axel Zielinski (Bremerhaven) und Matthias Schmit (Bremen-Nord) sowie dem Verbandsgeschäftsführer Jens Dortmann den Verbandsanteil der Bremer Delegation.

[oba/dfb]

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