Wilfried Zander: „Ich verabschiede mich nicht vom Fußball“

21. Juni 2022

Der Bremer Fußball-Verband ist ohne ihn eigentlich gar nicht vorstellbar, aber genau das ist jetzt Realität. Wilfried Zander hat nach 32 Jahren im Verband seinen wohlverdienten Ruhestand angetreten.

Als der kleine Wilfried Zander im zarten Alter von sechs Jahren mit dem Fußballspielen bei Bremerhaven 93 anfing, war wohl kaum abzusehen, was der Fußball in den kommenden Jahrzehnten für eine Rolle in seinem Leben spielen sollte. Mit zwölf Jahren wechselte er zunächst zu seinem heutigen Heimatverein Leher TS und wagte mit 21 Jahren den Sprung in den Profifußball. Mit dem OSC Bremerhaven spielte Zander ein Jahr in der 2. Bundesliga, stieg ab, stieg wieder auf und dann wieder ab. In 54 Spielen für den OSC erzielte er dabei acht Tore. Bereits während dieser aktiven Zeit machte Zander die A-Lizenz und kehrte nach dem erneuten Abstieg zur LTS zurück. Doch nicht nur im Verein machte Zander von sich reden.

Wilfried Zander in seiner typischen Trainerpose beim UEFA Regions' Cup 2016 in Tschechien. (Foto: Oliver Baumgart)

Wilfried Zander in seiner typischen Trainerpose beim UEFA Regions‘ Cup 2016 in Tschechien. (Foto: Oliver Baumgart)

In der Landesauswahl begann seine Karriere eher etwas holperig. „Ich war oft nur im erweiterten Kader, weil die kleinen Vereine noch nicht so die Berücksichtigung in der Auswahl fanden“, erzählt Zander. Doch irgendwann war er dabei und unter Trainer Heinrich Tünnermann wurde er in der Herrenauswahl nicht nur zum Stammspieler, sondern auch der verlängerte Arm des Coaches auf dem Platz. „Ich war schnell und konnte mit dem Ball auch ganz gut umgehen“, sagt Zander. 1984 folgte mit dem Gewinn des Länderpokals schließlich der Höhepunkt seiner Auswahlkarriere. „Wir waren absoluter Underdog, konnten gegen Bayern aber 3:1 gewinnen“, erinnert er sich. Aufgrund dieses Sieges durften die Bremer im selben Jahr auf Einladung des DFB eine Reise nach Afrika antreten und dort als deutsche Amateurnationalmannschaft mit dem Adler auf der Brust auflaufen. Mit dabei: Wilfried Zander, und zwar in einer Doppelrolle. Weil Auswahltrainer Tünnermann nicht gern ins Ausland reiste und erst recht nicht gern flog, wurde Zander zum Spielertrainer befördert. „Das gab es sicherlich bei einer Nationalmannschaft auch kein zweites Mal“, schmunzelt er.

Trainer-Urgesteine unter sich: Wilfried Zander (l.) absolvierte unter anderem mit Felix Magath die Ausbildung zum Fußball-Lehrer. (Foto: Archiv)

Trainer-Urgesteine unter sich: Wilfried Zander (l.) absolvierte unter anderem mit Felix Magath die Ausbildung zum Fußball-Lehrer. (Foto: Archiv)

Ende der 1980er-Jahre übernahm Zander die Auswahl dann als Trainer. Keine neun Jahre später absolvierte er die Ausbildung zum Fußball-Lehrer und besitzt seitdem die höchste Trainerlizenz im Fußball. Mit ihm drückten so bekannte Trainer wie Felix Magath, Ewald Lienen oder Benno Möhlmann die Schulbank. War der Fußball bis dahin für Zander eine willkommene Abwechslung zu seinem Beruf als Lehrer, stand 1990 eine der wichtigsten Entscheidungen in seinem Leben an: Der BFV wollte Zander hauptamtlich verpflichten. „Ich stand also vor der Entscheidung, ob ich mein sicheres Dasein als verbeamteter Lehrer mit einem hervorragenden Gehalt für das Abenteuer Verbandssportlehrer mit einem nicht so üppigen Gehalt aufgeben wollte“, erzählt Zander. Und er wollte! Fußballverrückt, wie der Bremerhavener nun mal ist, sagte er zu und wurde so der erste hauptamtliche Verbandssportlehrer in der Geschichte des Verbandes. Dabei war es bei weitem nicht so einfach wie heute, hauptamtliche Kräfte einzustellen. „Damals musste für meine Einstellung sogar noch ein Beschluss des Verbandstages her“, erinnert er sich.

Thorsten Frings (l.) und Florian Kohfeldt (r.) waren nur zwei prominente Hospitanten, die Wilfried Zander bei der Trainerausbildung und der Landesauswahl begrüßen durfte. (Foto: Oliver Baumgart)

Thorsten Frings (l.) und Florian Kohfeldt (r.) waren nur zwei prominente Hospitanten, die Wilfried Zander bei der Trainerausbildung und der Landesauswahl begrüßen durfte. (Foto: Oliver Baumgart)

Mit der Auswahl konnte er als Trainer der U 18- und U 16-Junioren noch zwei weitere Male den Länderpokal gewinnen – damals schon in seinem heutigen Format als Sichtungsturnier in Duisburg. Duisburg ist in all den Jahren zu einer Art zweiten Heimat für Zander geworden. Doch nicht nur zur Sportschule Wedau mit ihrem markanten Wohnturm ist Zander regelmäßig gereist. Auch an zahlreiche Auslandsreisen denkt er zurück, beispielsweise nach Lettland, Bahrain, Afrika, Spanien oder auch nach Tschechien, wo eine Bremer Auswahl erstmals an einem offiziellen internationalen Wettbewerb, dem UEFA Regions‘ Cup teilnahm und dort den Einzug in die Endrunde nur um ein Tor verpasste.

Oft war Wilfried Zander (l.) nur per Foul zu stoppen, wie hier in der Saison 1979/1980 in der 2. Bundesliga beim Auswärtsspiel des OSC Bremerhaven beim SC Herford. (Foto: Archiv)

Oft war Wilfried Zander (l.) nur per Foul zu stoppen, wie hier in der Saison 1979/1980 in der 2. Bundesliga beim Auswärtsspiel des OSC Bremerhaven beim SC Herford. (Foto: Archiv)

Doch Zander war als Verbandssportlehrer nicht nur für die Landesauswahlen, sondern auch für die Aus- und Fortbildung von Trainerinnen und Trainer zuständig. Rund 2.500 Coaches dürfte Zander in seiner Karriere wohl zur Lizenz gebracht haben. Darunter finden sich durchaus prominente Namen wie Alexander Nouri oder Florian Kohfeldt. Doch Zander schwärmt nicht nur von ihnen. „Die Kinder- und Jugendtrainer, die irgendwie als Elternteil in die Tätigkeit als Trainer reingerutscht und dann dabeigeblieben sind, langen mir immer besonders am Herzen“, verrät er.

Mit Dieter Eilts (li.) arbeitete Wilfried Zander lange in den U-Nationalmannschaften des DFB als eingespieltes Trainerteam zusammen. (Foto: IMAGO / Sven Simon)

Mit Dieter Eilts (li.) arbeitete Wilfried Zander lange in den U-Nationalmannschaften des DFB als eingespieltes Trainerteam zusammen. (Foto: IMAGO / Sven Simon)

Seine Trainerfähigkeiten waren aber nicht nur in Bremen und Bremerhaven hoch angesehen. Auch der DFB wusste um Zanders Qualitäten und gewann ihn parallel zu seiner Tätigkeit im BFV als Co-Trainer diverser U-Nationalmannschaften. Fünfzehn Jahre lang assistierte er Trainern wie Dixie Dörner, Rainer Bonhof, Erich Rutemöller und vor allem Dieter Eilts. Gemeinsam mit dem Ex-Werderaner coachte Zander in der U 21-Nationalmannschaft so prominente Spieler wie Manuel Neuer, Bastian Schweinsteiger, Mesut Özil, Sami Khedira oder Lukas Podolski. Zwei Mal wollte der DFB ihn fest nach Frankfurt lotsen, doch Zander blieb seiner Heimat treu.

Wilfried Zander mit vollem Einsatz im Trikot der Leher TS. (Foto: Archiv)

Wilfried Zander mit vollem Einsatz im Trikot der Leher TS. (Foto: Archiv)

Treu wird Zander auch dem Fußball bleiben. „Ich verabschiede mich nicht vom Fußball“, stellt er klar und ergänzt: „Bei der LTS und im JFV Bremerhaven werde ich weiterhin ehrenamtlich tätig sein.“ Auch im Bund Deutscher Fußball-Lehrer engagiert sich der Familienvater schon lange in der Verbandsgruppe Nord, deren Vorsitzender er ist. „Aber ich freue mich natürlich auch auf das, was da jetzt kommt. Jahrzehntelang musste meine Familie oft auf mich verzichten. Ich werde mich jetzt also mehr den Dingen widmen, für die ich während meiner Tätigkeit für den BFV keine Zeit hatte.“

[oba]

Das große Abschiedsinterview mit Wilfried Zander:

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