75 Jahre Bremer FV: Von den blauen Tabellen zum DFBnet

09. September 2021

Der Bremer FV ist 75 Jahre alt und das wird noch bis zum Jahresende auf bremerfv.de gefeiert. An jedem Donnerstag erscheint ein Teil unserer Serie „75 Jahre BFV“ mit einem speziellen Thema. Heute geht gehen wir den Weg von den blauen Tabellen hin zum DFBnet.

Jeder Amateurfußballer kennt es. Am späten Sonntagnachmittag wird das Smartphone aus der Tasche gezogen und man kann auf den ersten Blick bis hinunter in die letzte Spielklasse sehen, wie die Konkurrenz abgeschnitten hat, wer die Tore geschossen hat und wie die aktuelle Tabelle aussieht. Doch wie war das eigentlich früher und wie erleichtern Computer und das Internet heutzutage die Organisation des Spielbetriebs? Wir werfen einen Blick darauf.

Wie die einzelnen Spiele ausgingen, wollen Fußballinteressiere natürlich schon immer wissen. Und auch die Presse benötigt stets zeitnah die aktuellen Ergebnisse, ist sie doch in Zeiten, in denen es kein Internet gibt, die einzige Quelle, aus der sich Ergebnisse und Tabellen entnehmen lassen. Damit dieser Informationsfluss sichergestellt ist, sind die Vereine schon in den 1960er-Jahren dazu verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Spiele der Pressestelle des Verbandes zu melden. Im sogenannten Sonntags-Pressedienst hütet dann ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des BFV an jedem Sonntag das Telefon in der BFV-Geschäftsstelle, nimmt die eingehenden Anrufe der Vereine entgegen, bündelt die Ergebnisse und leitet sie dann an die Presse weiter. Doch wie es so oft im Leben ist, halten sich nicht alle Vereine an diese Verpflichtung. Und so besteht ein Großteil dieses Jobs auch daraus, die Vereine selbstständig abzutelefonieren und fehlende Ergebnisse zu erfragen. Anders geht es halt in einer Zeit, in der das Internet noch in weiter Ferne ist und das Telefon das Hauptkommunikationsmittel ist, nicht.

Die berühmten "Blauen Tabellen", hier eine Ausgabe aus dem Oktober 1988. (Foto: Archiv)

Die berühmten „Blauen Tabellen“, hier eine Ausgabe aus dem Oktober 1988. (Foto: Archiv)

Während in den 1960er- und 1970er-Jahren also die Zeitung die einzige verlässliche Quelle für Ergebnisse ist, kommt in den 80er-Jahren ein wahres Kultprodukt heraus. Die sogenannten „Blauen Tabellen“. Herausgegeben werden sie von der Sparkasse Bremen in Zusammenarbeit mit der Firma DF-Datentechnik. Ihren Namen verdanken sie dem blauen Papier, auf dem sie gedruckt werden. Sie stellen auf vier Seiten alle aktuellen Ergebnisse und Tabellenständen aus den Spielklassen des BFV dar, die nicht von der Zeitung abgebildet werden können. Damit sind auch Kicker aus der Kreisklasse oder den Jugendklassen stets im Bilde, wie es um ihre Mannschaft steht. Und so pilgern regelmäßig Fußballerinnen und Fußball, Trainerinnen und Trainer, Abteilungs- und Jugendleiter in die Sparkassenfilialen, um eines der begehrten Exemplare zu ergattern, denn nur dort liegen sie aus und sie sind in der Regel schnell vergriffen, sodass man unter Umständen schonmal zwei oder drei Filialen ansteuern muss, bevor man eines in seinen Händen halten und so herauszufinden kann, wie die Konkurrenz zuletzt gespielt hat – heute nicht mehr vorstellbar.

Die Revolution folgt im Jahre 2002. Dann geht der Vorläufer des heutigen DFBnets, das Sport-Informations-System (SIS) bundesweit an den Start. In Niedersachsen entwickelt bringt das SIS alle Ergebnisse der Amateurspielklassen ins Internet. So kann bereits am Sonntagabend jeder sehen, wie die Spiele ausgingen und die Tabellen aussehen – ein Quantensprung. Gepflegt werden die Ergebnisse zunächst noch von ehrenamtlichen Staffelleitern, später können die Vereine ihre Ergebnisse selbstständig einpflegen und ihre Pflicht zur Ergebnismeldung wechselt vom Telefon auf das Internet. Etliche Stunden verbringen die ehrenamtlichen BFV-Mitarbeiter Björn Fecker -heute Präsident des Verbandes- und Ralf Lagerpusch bei und mit Vereinen, um sie auf dem neuen System so zu schulen, dass es ihren Vereinsalltag auch wirklich erleichtert.

Björn Fecker und Ralf Lagerpusch (stehend von links) schulten zahlreiche Vereinsverteter im neuen

Björn Fecker und Ralf Lagerpusch (stehend von links) schulten zahlreiche Vereinsverteter im neuen „SIS“. (Foto: Archiv)

Doch, bevor überhaupt Ergebnisse und Tabellen gepflegt werden können, müssen natürlich Spielpläne erstellt werden. Vor der Einführung des SIS beziehungsweise des DFBnets war auch dies noch ein richtiges Handwerk: Die Staffelleiter gleichen vor jeder Saison die Paarungen und Spieltermine nach einem System von Rahmenspielplänen und Schlüsselzahlen ab und stellen daraus die Spielpläne zusammen. Sie werden anschließend mit den Schiedsrichteransetzungen versehen, vervielfältigt und an die Vereine geschickt. Die Spielpläne der Verbandsspielklassen werden im „Roland“, dem amtlichen Mitteilungsblatt des Verbandes abgedruckt. Wie umständlich Spielverlegungen kommuniziert werden müssen, kann man sich angesichts dieser Ausführungen wohl denken. Viel Aufwand und viel Papier sind dafür notwendig.

Auch hier schaffen die EDV und das Internet Abhilfe. Inzwischen ist das Spielansetzungsprogramm im DFBnet eine enorme Erleichterung für das Erstellen der Spielpläne und auch für die Schiedsrichteransetzungen. Diese werden nämlich bis dato ebenfalls komplett von Hand vorgenommen. Bei der Berücksichtigung von Urlauben oder anderen Freihalteterminen der Schiedsrichter den Überblick zu behalten ist dabei für den Schiedsrichteransetzer, der zum Teil bis zu 100 Unparteiische betreut, eine schwierige Aufgabe. Schiedsrichteransetzungen außerhalb der ursprünglichen Ansetzungen werden per Postkarte erledigt. Wenn ein Schiedsrichter seinen Briefkasten öffnet und eine rosafarbene Karte aufblitzt, weiß er bereits Bescheid, dass es bald auf den Platz geht. Für Einsätze als Linienrichter, wie die Schiedsrichterassistenten damals noch heißen, sind sie orange. Kurzfristige Einsätze müssen telefonisch übermittelt werden. All das erledigt heute das DFBnet für die Ansetzer. Der Schiedsrichter erhält seine Spiele sofort per Mail und kann diese direkt online bestätigen.

Handschriftlich auf dem Blatt Papier: Der Vereinsmeldebogen früher... (Foto: Archiv)

Handschriftlich auf dem Blatt Papier: Der Vereinsmeldebogen früher… (Foto: Archiv)

Nachdem die Spiele und Schiedsrichter heutzutage durch die jeweiligen Gremien angesetzt sind, kann jedermann den Spielplan im Internet einsehen. Die Seite FUSSBALL.DE, betrieben und stetig ausgebaut vom Deutschen Fußball-Bund, ist dabei die Internetseite, die jeder Fußballer als App auf dem Handy oder zuhause auf dem Rechner in seinen Favoriten abgelegt hat. Durch seine direkte Anbindung an das DFBnet hat FUSSBALL.DE nicht nur alle wichtigen Daten, es hat diese Daten auch als allererstes. Und so kann heutzutage jeder auf seinem Smartphone sehen, wie ein Spiel ausging, wie die aktuelle Tabelle ist oder welcher Schiedsrichter in der kommenden Woche angesetzt ist. Und das nahezu in Echtzeit und egal, wo auf der Welt er sich gerade befindet.

Daran hat auch der Spielbericht einen großen Anteil. Er ist heute ein weiterer Baustein des DFBnet. Den Ablauf aus den Zeiten vor dem DFBnet kennen viele noch zu gut. Die Heimmannschaft füllt das Spielberichtsformular mit seiner Mannschaftsliste aus und übergibt es dann der Gastmannschaft. Nachdem auch diese ihre Spieler eingetragen hat, wird das Formular gemeinsam mit den Spielerpässen dem Schiedsrichter übergeben. Der vervollständigt den Spielbericht nach der Partie mit dem Ergebnis, den Auswechslungen und sonstigen Vorkommnissen und schickt den Bericht dann per Post an den BFV. Seit 2004 gibt es nun den elektronischen Spielbericht und der feiert seine Premiere in Bremen. Am 6. August 2004 wird bei der Bundesligapartie zwischen dem SV Werder Bremen und dem FC Schalke 04 erstmal der DFBnet-Spielbericht, wie er korrekt heißt, eingesetzt.

...und heute. Alles läuft digital. (Foto: Screenshot)

…und heute. Alles läuft digital. (Foto: Screenshot)

Ab da verbreitet sich die elektronische Variante des Spielberichts rasend schnell über die Spielklassen und bald werden auch in Bremen alle Spiele über das System erfasst. Der Ablauf hat sich dabei gar nicht so sehr gegenüber dem Papierformular verändert. Die Vereine listen nach wie vor ihre Spieler auf, sie müssen diese jedoch nicht mühselig von Hand eintragen, sondern können sie bequem zusammenklicken. Und weil es inzwischen auch die Spielerpässe nur noch digital gibt, werden dem Schiedsrichter auch keine Passmappen mehr übergeben und im Übrigen auch regelmäßig nach dem Spiel vergessen, dort wieder abzuholen. Der Unparteiische gibt nach dem Spiel das Ergebnis, die Torschützen, Auswechslungen und sonstige Vorkommnisse noch auf der Sportanlage ein und gibt den Spielbericht frei. Und ab dem Moment sind diese Daten bereits auf FUSSBALL.DE verfügbar.

Doch das DFBnet kann noch mehr. Es handelt sich inzwischen um eine Ansammlung von über 30 verschiedenen Programmen, mit denen die verschiedensten Aufgaben in den Vereinen und Verbänden erledigt werden können. Von der Mannschaftsmeldung über das Beantragen und Erstellen von Spielerpässen bis hin zur Planung von Freundschaftsspielen und Turnieren. Von der Erstellung der Schiedsrichter- oder Trainerlizenzen über den Futsal-Spielbetrieb bis hin zu den Schiedsrichterbeobachtungen – alles findet inzwischen online statt. Auch die Sportgerichte müssen ihre Urteile und Entscheidungen nicht mehr von Hand tippen, sondern können diese im DFBnet erstellen und direkt an die beteiligten Parteien versenden. Und auch an reine Vereinsanwendungen hat der DFB gedacht. So steht den Clubs neben einer Mitgliederverwaltung auch eine Finanzbuchhaltung zur Verfügung. Ein Postfachsystem zur verbandsinternen Kommunikation rundet das Gesamtpaket ab. Dass all diese Dinge einmal von Hand, mit Karteikarten, Papierlisten, Notizzetteln, per Post oder Fax oder telefonisch organisiert und geregelt wurden, ist heute kaum noch vorstellbar. Und so kritisch manche Stimmen bezüglich des „neumodischen Krams mit dem Computer“ auch zur Einführung der neuen Technologien sind, so wenig ist das DFBnet heute aus der Organisation des Fußballs wieder wegzudenken.

Nächsten Donnerstag bei „75 Jahre Bremer FV“: Deutsche Meister aus dem BFV

[bfv]

Mehr Geschichte des BFV: