Wilfried Zander zum UEFA Regions’ Cup: Mit Spaß zum Erfolg

16. September 2016

Am kommenden Mittwoch ist es soweit: Die Bremer Landesauswahl steigt in den UEFA Regions’ Cup ein. Im tschechischen Olmütz trifft die BFV-Elf auf Gastgeber Tschechien, die Slowakei und Israel. Im Vorfeld des Turniers sprachen wir mit Verbandssportlehrer Wilfried Zander.

Eine Bremer Auswahl tritt bei einem internationalen Wettbewerb an. Hat es so etwas schon einmal gegeben?
Bei einem internationalen Wettbewerb direkt noch nicht. Zu Zeiten des Länderpokals der Herren waren wir allerdings mit unserer Auswahl viel unterwegs. Darunter waren dann auch Reisen ins Ausland. Mit dem polnischen Danzig oder auch mit Riga, der heutigen Hauptstadt Lettlands, haben wir damals einen regen Austausch betrieben und dort auch gegen so hochkarätige Gegner wie Skonto Riga spielen können. Eine Woche später sah man dann den Gegner im Fernsehen im Europapokal gegen den SSC Neapel auflaufen. Durch die Eingrenzung der Auswahlen auf den U 18-Jahrgang als ältestes Auswahlteam finden diese Reisen natürlich heute nicht mehr statt.

Wilfried Zander ist ein erfahrener Trainer mit internationaler Erfahrung.

Wilfried Zander ist ein erfahrener Trainer mit internationaler Erfahrung.

Wie kam es überhaupt dazu, dass ausgerechnet das kleine Bremen den großen DFB vertreten darf?
Zum UEFA Regionen Pokal dürfen alle Mitgliedsländer der UEFA ein Team entsenden, sofern sie eine Meisterschaft mit regionalen Mannschaften austragen. Bei uns in Deutschland ist dies das U 18-Sichtungsturnier des DFB. Dort haben wir im vergangenen Oktober den dritten Platz hinter Württemberg und Sachsen erreicht. Da die Württemberger bereits mehrfach den DFB vertreten hatten und die Sachsen auf eine Teilnahme verzichteten, fragte der DFB bei uns an. Die Begeisterung im Verband war sofort geweckt und wir sagten zu und vertreten nun Deutschland bei diesem Turnier.

Torhüter Christian Ahlers-Ceglarek gehört zu den erfahrensten Spielern im BFV-Kader.

Torhüter Christian Ahlers-Ceglarek gehört zu den erfahrensten Spielern im BFV-Kader.

Nun geht ja eine Herrenauswahl an den Start, die es so auf dem Papier ja bereits seit einigen Jahren gar nicht mehr gibt. Man konnte also nicht auf einen bestehenden Kader zugreifen. Worin lagen die Herausforderungen bei der Kaderzusammenstellung?
Es galt in erster Linie, schnellstmöglich ein funktionierendes Team zusammenzustellen, denn eine Ansammlung von Einzelspielern bringt einen nicht weiter. Deswegen haben wir bewusst darauf geachtet, hungrige und talentierte, junge Spieler, aber auch ein paar erfahrene „Eckpfeiler“ in der Mannschaft zu haben. Das ist wichtig, denn ich rechne damit, dass beim Turnier nicht nur der feine, technische Fußball gespielt wird, sondern dass das Kollektiv eine wichtige Rolle einnehmen wird. Aufgrund der knappen Vorbereitung, die wir mitten in der Saison natürlich nur hatten, muss das Team also möglichst sofort funktionieren. Viele Spieler aus dem Kader kenne ich schon einige Jahre auch aus den Landesauswahlen. Diese Spieler wissen, worauf es ankommt.
Man muss allerdings auch bedenken, dass wir es mit Amateurfußballern zu tun haben, die alle noch einem geregelten Job nachgehen und dort der Arbeitgeber auch nicht immer Hurra schreit, wenn der Spieler sich kurzfristig eine Woche freimachen möchte. Ich denke da beispielsweise an unsere Polizisten, bei denen es leider nicht möglich war, dass sie die Reise antreten.
Zu guter Letzt galt es auch bei den Vereinen zu berücksichtigen, dass man keinen verprellt. Ist es sonst eher so, dass Abstellungen von Vereinen mehr zähneknirschend als jubelnd hingenommen wurden, war es bei diesem Turnier eher so, dass der eine oder andere Trainer aktiv Kontakt mit mir aufnahm, um mir noch den einen oder anderen Spieler aus seinen Reihen zu empfehlen. Insgesamt habe ich mit den Vereinen viele gute und intensive Gespräche geführt, an deren Ende nun ein schlagkräftiger Kader steht, wie ich finde.

Wilfried Zander freut sich auf die sportliche Herausforderung.

Wilfried Zander freut sich auf die sportliche Herausforderung.

Welchen Stellenwert hat ein solches Turnier bei den Spielern?
Wir hatten die Spieler zu zwei Trainingseinheiten zusammen und haben am Mittwoch die Einkleidung vorgenommen und den Spieler einige Informationen mit auf den Weg gegeben. Dabei konnten wir natürlich schon ein Stimmungsbild einfangen und ich muss sagen, dass die Vorfreude bei allen Beteiligten sehr groß ist. Für die älteren Spieler, die zum Teil ja schon viel erlebt haben, ist das Turnier einfach noch einmal ein Highlight. Und für die jungen Spieler, die ja das Ziel haben, hochklassig und vielleicht sogar international zu spielen, ist das Turnier natürlich eine tolle Möglichkeit, diese Erfahrung schon einmal zu sammeln, und sich auf dieser Bühne zu beweisen.

Wie schwer wiegt der kurzfristige Ausfall von Dave Otto, der sich am Montag einen Bänderriss zum Vereinstraining zuzog?
Für Dave tut es mir persönlich besonders leid, dass er nicht dabei sein kann. Er ist ein Kämpfer, der sich zuletzt viel mit Verletzungen herumschlagen musste, und im Verein davor war, den Sprung zu schaffen. Beim Turnier hätte er sich nochmal wieder nach vorn spielen können. Über das Team werden wir diesen Ausfall aber kompensieren können und es auch müssen, denn es bringt nichts, sich auf die Spieler zu konzentrieren, die nicht dabei sind. Der Blick des Trainers muss auf diejenigen gerichtet sein, die einem zur Verfügung stehen.

Timo Dressler ist mit 19 Jahren der jüngste Spieler auf Aufgebot.

Timo Dressler ist mit 19 Jahren der jüngste Spieler auf Aufgebot.

Wie bereits angesprochen, handelt es sich bei den Mannschaften durchweg um regionale Auswahlen. Weiß man, was da auf einen zukommt und wie stark die Gegner einzuschätzen sind?
Nein, das ist aus sportlicher Sicht eine „Wundertüte“, wenn man es so bezeichnen will. Wir können aber davon ausgehen, dass alle Spieler im Turnier bis zum Umfallen kämpfen werden, schließlich vertreten sie ihr Land und ihre Region in einem internationalen Wettbewerb. Wie bereits angedeutet, ist das Turnier für jeden, der dabei ist eine Bühne. Vor Ort werden sicherlich auch Spielervermittler und Scouts von semiprofessionellen Vereinen die Spiele verfolgen und das werden die Spieler nutzen, um sich auch dort in den Fokus zu rücken. Ich erwarte also durchaus enge und umkämpfte Spiele.

Wie geht man denn ein Turnier an, bei dem man seinen Gegner so gar nicht kennt?
Wir müssen uns auf uns konzentrieren und uns voll reinknien. Wenn wir die Spiele nicht voll und ganz annehmen, werden wir sicherlich ein Problem bekommen – dafür muss man kein Prophet sein. Mit Schönwetterfußball werden wir also nicht weiterkommen, da muss schon alles stimmen. Dann allerdings bin ich mir sicher, dass wir eine gute Rolle spielen können und werden. Mir ist wichtig, dass wir mit Spaß Fußball spielen, denn am erfolgreichsten ist man im Fußball, wenn er Spaß macht.

In enger Zusammenarbeit mit den Vereinen konnte Wilfried Zander einen schlagkräftigen Kader zusammenstellen. (Fotos: Oliver Baumgart)

In enger Zusammenarbeit mit den Vereinen konnte Wilfried Zander einen schlagkräftigen Kader zusammenstellen. (Fotos: Oliver Baumgart)

Die Chancen auf ein Weiterkommen, das nur den Gruppenersten aller acht Zwischenrunden vorbehalten ist, sind also durchaus vorhanden?
Fest steht, dass wir mit 100% in unsere Spiele gehen müssen und hoffentlich auch werden. Ich wäre zufrieden, wenn wir drei gute Spiele abliefern und uns gut präsentieren, weil ich weiß, dass die Mannschaft dazu imstande ist. Ob das am Ende ausreicht, die Gruppe zugewinnen und in die Endrunde einzuziehen, wird man dann sehen. Da gehört sicherlich auch ein Quäntchen Glück mit dazu.

Neben der sportlichen ist das Turnier auch eine organisatorische Herausforderung. Was unterscheidet die Vorbereitungen beispielsweise von denen der Sichtungsturniere in Duisburg, zu denen der BFV ja auch regelmäßig reist?
In Duisburg haben wir bekannte, über Jahre eingespielte Abläufe. Wir kennen die Sportschule, wir kennen die Plätze, wir kennen die Stadt. Hier sieht es nun natürlich ganz anders aus. Wir fahren an einen Ort, an dem wir vorher noch nie waren. Wir kennen weder das Hotel, noch die Stadt oder die Stadien und Trainingsplätze.
Bei der organisatorischen Abwicklung haben wir es mit der UEFA zu tun, die zu dem Turnier ein rund 60-seitiges Reglement herausgegeben hat. Und wer die UEFA kennt, weiß, dass auf die Einhaltung dieser Vorgaben genau geachtet wird. Jede Kleinigkeit, die das Turnier betrifft, ist dort haarklein geregelt. Das lässt zum einen zwar kaum Fragen offen, bringt aber andererseits Herausforderungen mit sich, die wir bei anderen Reisen nicht bewältigen müssen.
Als ganz banales Beispiel sei hier nur einmal genannt, dass jede Mannschaft verpflichtet ist, einen Mannschaftsarzt in der Delegation zu haben, wo wir ansonsten mit einem Physiotherapeuten auskommen.
Für uns bedeutete dies auch, dass wir uns auch organisatorisch breiter aufstellen mussten. Während die sportliche Leitung bei den Sichtungsturnieren das Organisatorische nebenher mit erledigen kann, ist dies bei einem Turnier dieser Größenordnung schlichtweg nicht möglich. Daher mussten wir hier im Vorfeld und müssen auch in Tschechien auf die Unterstützung durch unsere hauptamtlichen Mitarbeiter zurückgreifen.
Wir haben nun zwar das Gröbste geschafft und sind gut gerüstet, wirklich beruhigt bin ich allerdings erst, wenn ich am Dienstagmorgen mit sechzehn gesunden und fitten Spielern am Flughafen stehe.

[oba]

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